Seit einigen Tagen gibt es Anzeichen eines Rückgangs der Streiks. Das bedeutet noch lange nicht den „Anfang des Endes“ der Bewegung gegen die Rentenreform, sondern drückt vielmehr die Schranken der Politik des Gewerkschaftsbündnisses aus, wobei die Situation noch weit offen bleibt.
Seit dem 7. März haben zehntausende Arbeiter:innen verlängerbare Streiks (Streiks, bei denen täglich von den Streikenden selbst über ihre Fortsetzung abgestimmt wird, Anm. d. Übers.) geführt: Im Energiesektor, bei den Erdölraffinerien, in der Müllentsorgung oder im öffentlichen Verkehrswesen haben zahlreiche Gewerkschaften zu verlängerbaren Streiks aufgerufen, die trotz der aktiven Politik des Gewerkschaftsbündnisses (Intersyndicale, Bündnis aus allen großen französischen Gewerkschaftsverbänden, welches von den größten, der CFDT und der CGT angeführt wird, Anm. d. Übers.) und im Falle der CFDT von Laurent Berger (Vorsitzender der CFDT, Anm. d. Übers.) gegen dessen Politik durchgeführt wurden. Seit dem 7. März hat Laurent Berger die Absicht der Streikenden kritisiert, das Land in „die Knie zu zwingen“, später hat er sich dann gegen den Streik der Müllwerker:innen ausgesprochen und auch gegen die Fortführung der Streiks während der Abiturprüfungen, wobei er in diesem Fall auch von Philippe Martinez (zum damaligen Zeitpunkt noch Vorsitzender der CGT, regulär abgelöst von Sophie Binet, Anm. d. Übers.) unterstützt wurde. Gegen Wind und Wetter konnten die verlängerbaren Streiks bis zu drei Wochen gehalten werden, während das heute immer schwieriger wird und auch ein teilweiser Rückgang gegeben ist.
Der sichtbarste Rückgang ist sicherlich beim Streik der Pariser Müllwerker:innen festzustellen, die vor drei Wochen als Zeichen der Hoffnung im Kampf gegen die Rentenreform ihren Streik begannen. In einer Pressemitteilung hat die CGT-Gewerkschaft der Müllwerker:innen von Paris erklärt, den Streik der Müllwerker:innen und Kanalarbeiter:innen zu beenden, weil es fast keine Streikenden mehr gebe. Letzten Freitag ist der Streikposten vor der Müllverbrennungsanlage in Ivry von den Repressionskräften geräumt worden und die Arbeiter:innen des Energieversorgers Suez, der den Betrieb betreibt, sind zwangsverpflichtet worden, um die Verbrennungsanlage wieder hochzufahren. Auch bei den beiden anderen Müllverbrennungsanlagen in Saint-Quen und Issy-les-Moulineaux ist der Streik am Freitag, den 24. März, beendet worden. Einige Betriebshöfe der Bahn in Île-de-France bleiben dennoch weiterhin im Streik, hier sticht vor allem der in Romainville hervor, wo der Streik und auch Blockaden fortgesetzt werden. Schließlich ist auch der Streik bei dem privaten Müllentsorgungsunternehmen Pizzorno am 23. März infolge von internen Lohnverhandlungen beendet worden.
Auch bei der französischen Staatsbahn SNCF ist die Bewegung rückläufig. Eine der Bastionen des Streiks in der Pariser Region, der Bahnhof von Lyon in Paris, hat beschlossen, den verlängerbaren Streik nach 23 Tagen zu beenden und ihn erst mit den großen Aktionstagen des Gewerkschaftsbündnisses wieder aufzunehmen. Nach unseren Gewerkschaftsquellen geht die allgemeine Tendenz, die sich auch schon in einem Rückgang der Streikquote ausgedrückt hatte, mehrheitlich dahin, die Arbeit wieder aufzunehmen und sich dem Rhythmus des Gewerkschaftsbündnisses anzupassen. Es gibt jedoch auch einige Ausnahmen, zum Beispiel den Betriebshof in Châtillon (dort werden die Hochgeschwindigkeitszüge des Bahnhofes „Montparnasse“ untergebracht), wo der verlängerbare Streik weitergeht.