Ein neuer Tarifvertrag bei der Post steht. Die Mitglieder der Gewerkschaft ver.di stimmten knapp dem Ergebnis der vierten Verhandlungsrunde zu. Doch der neue Vertrag ist kaum besser als das alte Angebot der Deutschen Post, weswegen eigentlich unbefristete Streiks ausgerufen werden sollten. Ver.di hat sich hier einmal mehr schützend vor das Kapital gestellt – und das ist kein Zufall, denn der DGB steht für die “Sozialpartnerschaft” und den „Klassenkompromiss“. – Ein Kommentar von Fridolin Tschernig
Bis zum vergangenen Donnerstag konnten ver.di-Mitglieder über das vierte Tarifangebot von Post und ver.di abstimmen. Der Tarifvertrag, der jetzt von den Mitgliedern mit 61,7 Prozent angenommen wurde, ist dem Konzern-Vorschlag aus der dritten Verhandlungsrunde aber gar nicht so unähnlich. Jetzt erhalten die Post-Angestellten einmalig 1.020 Euro Sonderinflationsausgleichszahlung im April diesen Jahres, auf die elf Mal 180 Euro pro Monat folgen. Insgesamt also 3.000 Euro Einmalzahlung, die schön über ein Jahr gestreckt ausgezahlt wird. Langfristig sind diese Einmalzahlungen immer zum Nachteil für die Lohnabhängigen, weil ihre Löhne dadurch eben nicht kontinuierlich angehoben werden. Die Inflation frisst auf kurz oder lang jede Einmalzahlung komplett auf.
Dazu kommt noch eine Lohnerhöhung von 340 Euro pro Monat ab April 2024 für die Vollbeschäftigten. Das entspricht bei den unterschiedlichen Lohnhöhen 11 bis 16% Lohnerhöhung. Und das alles verbunden mit einer Friedenspflicht, oder auch „Vertragslaufzeit“ genannt, von 24 Monaten, in der kein Arbeitskampf stattfinden darf. Übersetzt sind das 2 Jahre ununterbrochener Inflation, ohne dass die Löhne über die im Tarifvertrag abgesprochenen Anhebungen hinaus erhöht werden können.
Das ursprüngliche Angebot, das die Arbeiter:innen bei der Post so empört hatte, dass sie sogar mit 85,6 Prozent einen unbefristeten Streik ausrufen wollten, war nicht sonderlich anders. Dieses Angebot hätte eine Lohnsteigerung von durchschnittlich 9,9 Prozent bedeutet, bei einer eben so langen Vertragslaufzeit von 24 Monaten. Und das wurde eben am 8. März mit einem klaren Zeichen der Arbeiter:innen beantwortet: Nur 12 Monate Vertragslaufzeit oder Streik!