Warum es sehr anstrengend ist, einen Entlastungstarifvertrag für sechs Unikliniken zu erkämpfen, es sich aber dennoch lohnt, erklärt Intensivpfleger Albert Nowak
Letztes Jahr in Berlin, jetzt an sechs Universitätskliniken in verschiedenen Städten Nordrhein-Westfalens: Beschäftigte verschiedener Professionen streiken unbefristet für einen Tarifvertrag Entlastung, bei dem es nicht nur um die Löhne, sondern auch um die Personalsituation in den Krankenhäusern geht. An diesem Dienstag, den 14. Juni, findet nun ein gemeinsamer Streiktag der sechs Standorte in Bonn statt – ursprünglich war die Aktion in Münster geplant gewesen. Grund für die kurzfristige Verlegung ist ein Angriff der Unternehmerseite: Das Universitätsklinikum Bonn will den Ausstand für illegal erklären; es hat vor dem dortigen Arbeitsgericht eine einstweilige Verfügung gegen den Streik beantragt, die am heutigen Dienstag verhandelt wird. Worum es beim Arbeitskampf genau geht, wie der Streikalltag aussieht und was andere tun können, um die Streikenden zu unterstützen, erläutert Albert Nowak, der in Köln am Uniklinikum streikt.
Ihr streikt in Nordrhein-Westfalen an sechs Unikliniken, inzwischen (Anfang Juni) seit über einem Monat – worum geht’s, was ist euer Ziel?
Albert Nowak: Wir fordern einen Entlastungstarifvertrag für mehr Personal, bessere Arbeitsbedingungen und eine bessere Ausbildung. Unser Kernanliegen, mehr Personal, wollen wir über verbindliche Personal-Ratios erreichen; für die Intensivpflege fordern wir beispielsweise ein Pflegekraft-zu-Patienten-Verhältnis von eins zu eineinhalb. Und es soll ein Konsequenzenmanagement geben, wenn diese Ratios unterschritten werden. Das heißt: Wenn sich nicht an die vereinbarte Personalregelung gehalten wird, soll es Belastungspunkte geben, für die die Beschäftigten dann frei bekommen. Wir fordern aber auch Verbesserungen in der Ausbildung, etwa mehr Praxisanleitungsstunden oder ein besseres Lehrenden-Auszubildenden-Verhältnis. Für alle Bereiche, für die wir konkrete Forderungen aufgestellt haben, haben dort arbeitende Kolleg*innen diese selbst entwickelt, weil sie die Expert*innen sind und am besten wissen, was sie brauchen.
Und wie ist der Stand?
Etwa 2000 Kolleg*innen sind jeden Tag im Streik. Er ist unbefristet, das heißt er läuft, bis wir einen unterschriftsreifen Tarifvertrag Entlastung haben – davon sind wir leider noch weit entfernt im Moment. Wir hatten vor unserem Streik der Landesregierung ein hunderttägiges Ultimatum gestellt, das sie hat verstreichen lassen, obwohl sich schon damals mehr als 12.000 Beschäftigte in einer Petition hinter die Forderungen gestellt haben. Die Arbeitgeber sagen (zum Zeitpunkt des Gesprächs am 7. Juni, Anm. der Redaktion), wir würden seit zwei Wochen verhandeln, aber so empfinden meine Kolleg*innen und ich das nicht – unsere Seite ist in den Gesprächen sehr klar und gut vorbereitet, wir wissen, was wir wollen und können es auch mit vielen Studien und Zahlen begründen; von den Arbeitgebern gab es bisher dagegen kein einziges Angebot, über das verhandelt werden könnte. Der Knackpunkt ist die ungeklärte Finanzierung.
Habt ihr damit gerechnet, dass der Streik so lange dauern wird – ist das Thema unter den Streikenden?
Natürlich spielt das eine Rolle, wir machen uns darüber Gedanken – beispielsweise sind viele der Streikenden Alleinerziehende und so ein Arbeitskampf ist echt auch eine Mehrbelastung. Zudem ersetzt das Streikgeld nicht zu hundert Prozent den Lohn – so ein wochenlanger Streik geht nicht spurlos an einem vorbei, egal ob man draußen steht oder den Notdienst schiebt. Streiken heißt nicht, die ganze Zeit am Streikzelt zu sitzen, Kaffee zu trinken und Karten zu spielen. Aber: Wir wissen, wofür wir es machen, das ist unsere Chance, das Leben von uns und so vielen anderen Menschen positiv zu beeinflussen. Deshalb gibt es auch einfach eine krasse Entschlossenheit.