Kostenloser Nahverkehr: „Unsere Waffe heißt Klassenkampf statt Konzertierter Aktion!“
Die “Föderation klassenkämpferischer Organisationen” FKO plant wegen dem geplanten Ende des Ticket-Sonderangebots einen Aktionstag. Unter der Parole „Kostenloser Nahverkehr statt 9-Euro-Ticket-Sommer!“ wollen sie am 20. August auf die Straße gehen. – Im Interview berichtet Nicole Freund aus dem Föderationsrat über ihre Beweggründe und Ziele.
Als Teil des „Entlastungspakets“ der Ampel-Regierung aufgrund der gigantischen Preissteigerungen gehört das 9-Euro-Ticket zu den wohl am meisten diskutierten Maßnahmen. Für die Monate Juni, Juli und August können Menschen für den pauschalen Monatspreis von 9 Euro fast den gesamten Nahverkehr in der BRD nutzen. Aber es bleibt auch bei den drei Monaten: Auf Nachfragen schloss Bundeskanzler Olaf Scholz eine Verlängerung aus.
Die #IchBinArmutsbetroffen-Bewegung [Teil 1]
Ein Interview mit einem aktiven Mitglied der Ortsgruppe Ruhrgebiet
Seit letztem Jahr wurde der Hartz-IV-Satz, beziehungsweise die Grundsicherung um 3 Euro erhöht. In einem selbst gestalteten Schaubild, das am Haupteingang vom Bochumer Hauptbahnhof aufgehangen wurde, ist illustriert, wie die Lebensmittelpreise gestiegen sind: 89 statt 49 Cent für eine Packung Nudeln, 89 statt 39 Cent für eine Packung Mehl, 79 statt 59 Cent für eine Packung Tomatenmark, 2,19 Euro statt 1,45 Euro für eine Packung geriebenen Käse usw. Wie die Website ichbinarmutsbetroffen.de verkündet: Noch nie lebten so viele Menschen in Deutschland am Existenzminimum wie heute. Nicht erst seit des Ukraine-Kriegs schafft es unser Grundsicherungssystem nicht mehr vor Armut zu schützen.
Wie ein Hashtag zu einer Bewegung wurde
Armut ist für viele ein anstrengendes Thema. Es verdeutlicht eindrücklich, wie ungleich die Güter in unserem finanziell eigentlich sehr gut aufgestelltem Land sind. Noch unangenehmer dürfte für viele eine banal klingende Erkenntnis sein: Armutsbetroffene Menschen sind nicht freiwillig arm. Hinter den ehrlichen Twitter-Kommentaren alleinerziehender Mütter, Renter:innen, Studis ohne ausreichende Unterstützung oder hochqualifizierten Menschen mit einem nicht deutsch genug klingenden Nachnamen; verschwindet endlich das für die Hartz-Reformen konstruierte Bild des in der Hängematte schlafenden Sozialstaatsschmarotzers. Denn abgesehen davon, dass dieser keine Zeit zum Schlafen hätte, weil er in einer Maßnahme sitzt, die seinen Qualifikationen nicht angemessen ist; hätte er kein Geld, sich eine Hängematte zu leisten. Wie fühlt sich sein Gang zum Supermarkt an? Hat er Angst, wenn er an seinen Briefkasten denkt? Wie fühlt sich Armut an?
„In die Arbeiter:innenbewegung hineinwirken“
Klein, aber kämpferisch – das sind sie beide: Die anarchosyndikalistische Basisgewerkschaft Freie Arbeiter*innen-Union (FAU) und ihre Zeitung, die Direkte Aktion. Spektakuläre Kampagnen haben die FAU einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht – etwa der jahrelange zähe Kampf für die Bezahlung der um ihren Lohn betrogenen rumänischen Bauarbeiter der „Mall of Shame“ in Berlin oder der vielbeachtete Arbeitskampf im Kino Babylon. Hin und wieder gibt es schöne Erfolge zu feiern, wie jüngst den Triumph der FAU Magdeburg, die sich gegen unzumutbare Arbeitsbedingungen und Einschüchterungsversuche in Filialen der Fastfood-Kette Domino’s Pizza durchsetzen konnte. Dazwischen aber liegen die Mühen der Ebene. Die FAU geht auch und gerade dorthin, wo die großen Gewerkschaften selten zu finden sind, und organisiert Menschen, die als kaum organisierbar gelten: Leiharbeiter*innen und Lieferservice-Fahrer*innen, Erwerbslose, informell Beschäftigte und Saisonarbeitskräfte mit prekärem Aufenthaltsstatus. Die Direkte Aktion, seit 2016 hauptsächlich online präsent, berichtet über diese Kämpfe, behält aber auch globale Entwicklungen im Blick. Ob radikaler Feminismus im Libanon, revolutionäre Positionen gegen den Krieg in der Ukraine oder zauberhafte Anarcho-Poesie – die vielstimmige, ansprechend gestaltete Seite direkteaktion.org ist eine Fundgrube für jeden politisch interessierten Menschen. (GWR-Red.)
GWR: Die Direkte Aktion (DA) ist eine anarchosyndikalistische Zeitung. Wie spiegelt sich das in euren Themen wider? Wo liegen eure Schwerpunkte?
Direkte Aktion: Die Beiträge beschäftigen sich mit emanzipatorischer und basisdemokratischer Gewerkschaftsarbeit und orientieren sich dabei an anarchosyndikalistischen Prinzipien. Wir wollen die Arbeitskämpfe abbilden, die wir erleben, und auch über globale Kämpfe gegen Ausbeutung von Mensch, Tier und Umwelt berichten. Wir veröffentlichen Texte über alternative Formen des Wirtschaftens und Zusammenlebens, zum Beispiel über Kollektive, Wald- und Hausbesetzungen. Unsere Artikel sollen verschiedene Lebensverhältnisse abbilden. Ebenso kritisieren wir patriarchale Strukturen in der Gesellschaft. Die DA beleuchtet schon immer Theorie und Praxis des Anarchismus.
Wenn Arbeitskämpfe zum Terrorismus erklärt werden
Das repressive Vorgehen gegen italienische Basisgewerkschafter*innen könnte Schule machen. Auch hierzulande wird am Streikrecht gerüttelt.
„Die Angst wegschmeißen“ lautete der Titel eines beeindruckenden Filmes von Johanna Schellhagen, mit dem der Zyklus von Arbeitskämpfen vornehmlich migrantischer Lohnabhängiger in der norditalienischen Logistikbranche hierzulande bekannt wurde.
Der Film zeigt, dass es den prekären und größtenteils migrantischen Arbeiter*innen in der Logistikbranche gelingt, sich durch solidarische und effektive Organisierung aus ihrer Isolation und ihren erniedrigenden Arbeitsverhältnissen herauszukämpfen. „Wir haben die Angst weggeschmissen“, erklärte ein Beschäftigter, der dem Film den Titel gab. Im Morgengrauen des 19. Juli rückte die Polizei in den Gewerkschaftshäusern der Basisgewerkschaften ein, die den Kampf der Logistikarbeiter*innen unterstützen. Es handelt sich um S.I. Cobas und USB. Auf Anordnung der Staatsanwaltschaft von Piacenza wurde der nationale Koordinator der S.I. Cobas, Aldo Milani, und drei führende Vertreter der Gewerkschaft von Piacenza unter Hausarrest gestellt: Mohamed Arafat, Carlo Pallavicini und Bruno Scagnelli.